Letzte Woche schien es vollkommen ok, einen Arzt-Termin auf Montag, 7:30 Uhr zu legen; heute Morgen als der Wecker loslegte dachte ich doch kurz darüber nach, ob jemand auf mich aufpassen müsse, damit ich solchen Blödsinn nicht mache.
Bei Frau Doktor gings dann aber schnell und ich erfreute mich wieder daran, dass wir uns schon lange kennen und so ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis haben. Und so kam ich mit einem Rezept für die wirklich guten Scheißegal-Tabletten wieder aus der Praxis – weil sie weiß, dass ich die nicht für Spaß nehme, sondern nur vor Zahnarztbehandlungen. Und weil ich weiß, ich mach damit keinen Scheiß, aber bekomme für den Notfall welche. Win-win.
Satz des Tages:
Man muss es der Weltgeschichte aber ab und zu ins Gesicht sagen, wie wahnsinnig enttäuscht man davon ist, dass ethische Fragen überhaupt keine Rolle mehr spielen, bei nahezu keinem Thema. Was für ein eklatantes Versagen von uns allen.
Maximilian
Passt gut dazu, dass ich viel über das Thema „Haltung“ nachdenke – beziehungsweise über den Mangel an. Nahezu überall wo ich hinsehe, ist es wichtiger, schnell-schnell eine bequeme Lösung zu finden, als sich mit Inhalt oder Thema wirklich auseinander zu setzen und dann eine wirkliche nachhaltige Lösung zu finden. Implodiert das Thema dann nach kurzer Dauer, wird wieder schnell-schnell geflickt – zum Glück muss ohne Haltung der Flicken ja nicht mal zur bisherigen Lösung passen.
Passt vom politischem Geschehen in Berlin wo Kürzungs-Strafen am Bürgergeld ohne Probleme zum Geschwätz von gestern passen bis hinunter zu „natürlich ist es schon schade, dass Artists kein Geld von Spotify bekommen, aber ich hab da so viele nette Playlists“
Naja. Zurück am Schreibtisch überwiegt heute eine erstaunliche Motivationsschwäche und ein tiefes Bedürfnis, noch einmal unter einer Bettdecke zu verschwinden. Vielleicht mit ein bisschen Ausruhen nach dem Schläfchen und danach irgendetwas mit Keksen und Kakao.
Leider waren keine Kekse mehr da und so gelangen dann doch noch ein paar Kleinigkeiten, die zu tun waren. Morgen um neun gehts weiter mit einem Zoom für das „Hauptprojekt“ zur Zeit und niemand ist erstaunter als ich, dass meine Zeit- und Projektplanung jetzt schon ein paar Wochen so funktioniert.
Außerdem auf die gute Idee gekommen, für die ganze Arbeit der letzten Zeit mal Rechnungen zu schreiben.
Abends mit der Liebsten auf Bowl, Brot und Suppe ausgegangen und fast wie ein normaler Mensch gefühlt. Das war schön.
Zeugs
Apropos „Arzttermine“: Netzpolitik.org hat sich doctolib mal angeschaut und alles, was in meinem Kopf so passierte, als doctolib für eine einfache Terminvergabe beim HNO meiner humble opinion nach deutlich zu viel von mir wissen wollte bestätigte sich. Aber – siehe auch den Abschnitt über Haltung weiter oben: Es ist halt so bequem, nicht wahr?
Patienten, die Termine mündlich und fernmündlich bei ihrem Arzt verabredet haben, erhalten überraschend von Doctolib per SMS oder E-Mail eine Terminbestätigung und fragen sich, wie das Unternehmen an ihre vertraulichen Daten gekommen ist.
Thilo Weichert auf netzpolitik.org:
Die Zahl solcher Anfragen und Beschwerden, die bei Datenschutzaufsichtsbehörden und Ärztekammern zu Doctolib eingehen, wächst. Dessen ungeachtet ist das Unternehmen seit Jahren auf Erfolgskurs und auf bestem Wege, die Datenverarbeitung im Gesundheitswesen von ethischen Prinzipien zu befreien.
Doctolib: Wachsender Riese im Gesundheitsdatenmarkt
Nicht von Maximilian geschrieben, aber bei ihm gefunden ein Artikel ausgerechnet aus der FAZ, der erschreckend gut ein paar aktuelle Verhältnisse auf den Punkt bringt. Rückgrat- und Haltungslosigkeit spielen auch dort eine Rolle:
Nun ist es ja nicht so, dass die Bürgerinnen und Bürger naturwüchsig uneinsichtig wären; dass also die FDP und Scholz recht damit hätten, Politik lasse sich in Deutschland nur machen, wenn die Menschen nicht vom Sofa aufstehen müssen; dass Demokratie Demoskopie sei; dass hinter dem konsumplebiszitären Horizont der FDP der Faschismus als einzige Alternative lauere. Vielmehr bedingen sich in der Demokratie Volk und Regierung gegenseitig, sie konstruieren sich miteinander, es ist ein Hin und Her. Im schlimmsten Fall ist es ein kontinuierliches Downgrading. Das ist momentan der Fall.
Hedwig Richter in der FAZ:
[…]
Freiheit […] sei die Freiheit, Egoismus möglichst ungestört ausleben zu können (und, ja, warum eigentlich nicht dafür auch noch vom Staat unterstützt zu werden mit Steuergeschenken, Pendlerpauschalen, Dienstwagenprivilegien, Tankrabatten, E-Fuel-Subventionen für alle Porsches aller Christians). Selbstverständlich hat diese Ego-Freiheit nichts mit der Freiheit des anderen zu tun. Ich impfe mich nicht, nein, meine Impfung mach ich nicht. Auf Autofahrten und Flüge verzichten, nur weil deswegen andere eine saubere Luft und eine ruhige Wohnung haben, auf CO2-Ausstoß gar, weil die Kinder auch mal ein gutes Leben führen wollen, Waffen liefern, obwohl die Öldiktaturen (scheinbar) nur den andern wehtun?
Diese Suppenkasper-Freiheit dringt in alle Poren der Politik ein
Die Suppenkasper sind über uns
Wie gesagt: Sie müssen jetzt mal das Wunsch-Doc mal füllen. Vi ses!
Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!